Liz ist Apothekerin, sie sollte in der Coronazeit also auf Hochtouren arbeiten. Doch weil sie zur Risikogruppe gehört, hat die Pandemie sie in die relative Sicherheit der eigenen vier Wände katapultiert. Und da ist sie nun, Kopf und Herz voller Gedanken und Gefühle, zig Dinge, die sie tun möchte, könnte, sollte. Und in all dem hat sie den Eindruck, ruhelos und gleichzeitig unproduktiv zu sein. Mitten im Gespräch zieht sie einen Zettel aus der Schublade und hält ihn vor die Computerkamera. Es ist die leere Vorlage eines detaillierten Wochenplanes. “Den habe ich hervorgekramt. Ich glaube, ich brauche wieder diese klare Struktur, die ich mir damals, als meine Kinder noch klein waren, geben musste, um durch den Alltag zu kommen.” Man muss wissen, dass die vier Kinder von Liz längst erwachsen und eigenständig sind. Die Wochenplanvorlage hat im Hintergrund geruht und jetzt kann sie darauf zurückgreifen. Es ist aber weit mehr als ein Stück Papier, es ist Lebenserfahrung und eine Kompetenz, die sie sich angeeignet hat, von der sie jetzt, Jahrzehnte später, noch zehren kann.
Normalerweise gibt uns unser Alltag den Lebenstakt vor, wir richten uns nach Zeiten, Aufgaben und Anforderungen, die von aussen an uns gestellt werden. Weil wir um Acht im Büro sein müssen, stellen wir den Wecker, stehen auf, ziehen uns an. Nur schon diese simple Grundfunktion kommt bei einigen ins Wanken. Plötzlich ist es Mittag und sie realisieren, dass sie immer noch den Pyjama tragen.
Wir merken wohl deutlicher als sonst, dass wir innengesteuert leben müssen, damit unsere Tage Sinn machen, damit wir die nötigen Arbeiten erledigen, damit wir einen guten Rhythmus zwischen Anstrengung und Erholung finden. Ein Wochenplan kann uns helfen zu erkunden, was denn alles sein muss und soll und wo wir es am besten einbauen.
Für Mütter mit kleinen Kindern gehört das zur Tagesordnung. Was sie da im Kleinen einüben hat aber durchaus Bedeutung für das grosse Bild – damit die Dinge, die für mein Leben wirklich wichtig sind, geschehen, muss ich sie priorisieren. Und damit ich das kann, muss ich wissen, was mir den überhaupt wichtig ist. Zu viele Menschen in unseren Breitegraden brennen aus, weil sie sich von aussen antreiben lassen, von Beziehungen, Anforderungen, gesellschaftlichen Normen, ehrgeizigen Zielen und zu vielen Schauplätzen, auf denen sich ihr Leben abspielt. Hinzu kommen die inneren Erwartungen und möglicherweise unrealistischen Anforderungen, die wir uns selbst auferlegen. Da braucht es den Schritt zurück – wie beim Wochenplan – um aus einer übergeordneten Perspektive das eigene Leben zu betrachten und zu ordnen, Dinge wegzustreichen und Platz für Wesentliches zu schaffen. Das ist übrigens eine wunderbare Gebetsvorlage, um mit Gott ins Gespräch zu kommen.
Sabine Fürbringer